Das “Niederländisch-Deutsche Grayling Match“
Text: Christian Mohr
Photos: Michael Wenzel
Wir hatten den Niederländer Martin Westbeek und seine zwei Freunde Bas
und Paul zum ersten Mal bei Angel Gees in Köln getroffen, als er dort anlässlich
einer Hausmesse im Winter Fliegen band. Schnell fanden wir heraus, dass auch
er gelegentlich in Ostvoorne den großen Regenbogenforellen nachstellte.
Er schien ein netter Kerl zu sein, und so haben wir uns eines Sonntags im darauf
folgenden Sommer dort getroffen und zusammen gefischt. Leider hatten wir keinen
guten Tag erwischt; das Fischen war zwar gut, das Fangen eher weniger! Mir persönlich
gingen drei Fische beim Anbiss durch Vorfachbruch des 0,20ers verloren, und
einem vierten habe ich die trockene Weißdornfliege aus dem Maul gezogen.
Es gibt eben Tage, an denen man besser zuhause geblieben wäre. Martin sagte
uns, dass wir unbedingt zum “Abendsprung“ bleiben sollten, da die
Fische nach der Tageshitze noch einmal aktiv würden. Leider mussten wir
uns zeitig auf den Weg machen, weil wir etwa drei Stunden bis nach Hause brauchen.
Tags darauf drehte uns Martin per E-Mail eine lange Nase – er hatte abends
noch fünf Fische gefangen.
Leider kam es in diesem Sommer zu keiner gemeinsamen Verabredung mehr, und deshalb kam uns der Gedanke ein “Niederländisch-Deutsches Grayling Match“ zu organisieren. Da alle Niederländer bekennende Äschen-Fans sind (wem jemals an der Kyll oder einem anderen Eifelbach eine 10-köpfige holländische Watgruppe auf Äschenjagd begegnet ist, hegt hieran keinen Zweifel mehr), bekamen wir auf unsere Einladung sofort eine Zusage. Da wir glücklicherweise auf zwei Privatstrecken am gleichen Bach im Bergischen Land Zugriff haben, konnten wir vier Gäste einladen. Jeweils zwei Niederländer sollten bei Freund Ralli fischen, zwei an unserem Stück. Wir würden “guiden“, Freund EmWe wollte zwischen den Strecken wechseln und Fotos machen. Rasch hatten wir uns auf den Termin Anfang Dezember geeinigt, und auch einen Ausweichtermin festgelegt, falls Hochwasser uns einen Strich durch die Rechnung machen sollte. In den Wochen vorher hatte es häufig kräftig geregnet, aber pünktlich zu unserem Termin setzte eine Schönwetterperiode ein. Als drei Niederländer und eine US-Amerikaner am Sonntag den achten Dezember hier eintrafen, präsentierte sich unser Gewässer in “Hochform“.
Um der Sache den Charakter eines Wettbewerbs zu verleihen (es handelte sich immerhin um ein “Grayling-Match“, wenn auch ein “Friendly“), hatte ich eine Fliegendose mit Inhalt gestiftet für denjenigen Gast, der die meisten Äschen fangen würde. Freund EmWe hatte noch einige original Fliegen der mazedonischen Fliegenbinde-Stars Nadica und Igor Stancev beigesteuert. Unsere Gäste brachten uns Käse (na klar, Frau Antje bringt ja auch Käse aus Holland) und mehrere Sorten Starkbier mit. Obwohl ich gleich verkosten wollte, haben wir erst ‘mal Kaffee getrunken und uns dabei etwas beschnuppert. Dann wurden die Gäste auf die Strecken “verteilt“ und wir machten uns auf den kurzen Weg ans Wasser. Martin und Bas sollten bei Ralli am oberen Stück fischen, Paul und Michael kamen mit zu uns.
Am Parkplatz stiegen wir
ins Watzeug, bauten die Ruten auf und machten uns auf den zweiminütigen
Fußmarsch ans Wasser. Ich hatte unseren Gästen geraten, Ruten um
die neun
Fuß Länge für die Schnurklasse 5 oder 6 mitzubringen. Im Dezember
muss man schon mächtig tief runter, um den Äschen die Nymphen direkt
vor die Nase zu servieren. Meine übliche Medizin hierfür besteht aus
einem Meter Lead-Core Vorfach und zwei tschechischen Nymphen am 0,25er Fluocarbon.
Hält sich die Begeisterung für diese Montage bei den Äschen in
Grenzen, bringt in der Regel ein roter Wurm in Hakengröße 2 im Austausch
für einen der Tschechennymphen den Erfolg. Ich ließ Michael in der
Obhut meiner Frau an einem der besten Pools unseres Stücks zurück,
und machte mich mit Paul auf ans obere Ende unserer Strecke. Dort knüpfte
er eine stattliche Goldkopfnymphe ans Vorfach und begann den Gumpen durchzufischen.
Der Erfolg ließ jedoch auf sich warten, nicht zuletzt, da er kein beschwertes
Vorfach hatte. Die Driftstrecke ist hier aber zu kurz, um mit einem langen Vorfach
allein in Grundnähe zu kommen. Ein Probedurchgang mit meiner Rute zeigte,
dass die Äschen Zuhause waren, obwohl sich die Gute diesmal wieder vom
Haken rollte. Also zurück zu Michael und meiner Frau – wir kamen
gerade zurecht, um ein Foto von einer veritablen Äsche zu machen, die er
mit einer kleinen (etwa Hakengröße 20) roten Nymphe betört hatte.
Das anschließende Durchfischen unserer “todsicheren“ Kurve
brachte nicht einen Fisch. Wenn ich auf den Fang einer Äsche eine Wette
abschließen müsste, hierher würde ich gehen, um zu fischen.
Seltsam, aber so geht´s halt manchmal.
Wir beschlossen zum Parkplatz zurückzugehen um die mitgebrachten Sandwiches zu vernichten und eine Tasse Tee zu nehmen, da klingelte Pauls Handy. Martin und Bas fragten, ob wir erfolgreich gewesen wären. Ich dachte, die Beiden hätten schon zehn pro Nase gefangen, aber sie hatten noch weniger Glück als wir: Martin, Bas und Ralli hatten alle Mann hoch - gar Nichts! gefangen. Als wir nach der kleinen Pause wieder ans Wasser gingen, schloss sich uns Freund EmWe an, der am Vormittag bei der anderen Gruppe geblieben war, um Fotos zu schießen. Ich hatte die “Faxen dicke“ wie man so sagt, und während Paul kurz im Gebüsch verschwand um sich vom Tee zu verabschieden, band ich einen roten Wurm Hakengröße 2 an sein Vorfach, das ich zusätzlich noch mit zwei Bleischroten verziert hatte. Sechs Würfe später hatte Paul die dritte Äsche gelandet, als ihm endlich auffiel, das da etwas anders war an seinem Vorfach. Nun hatte ich Blut geleckt, ich wollte der Guide sein, der mit seinem Gast die Fliegendose gewinnt. Inzwischen hatte sich meine Frau mit kalten Füßen verabschiedet, und Freund EmWe “übernahm“ Michaels Betreuung. Leider gewannen die Beiden den Wettlauf zu unserem zweiten 100% Pool, an dem sie auch prompt noch eine kleine Bachforelle und acht Äschen fingen. Dagegen konnten Paul und ich nicht anstinken.
Zuhause angekommen erfuhren
wir, dass Martin und Bas auch noch ein paar gefangen hatten. Michael nahm als
klarer “Sieger“ einen Haufen feiner Fliegen mit nach Hause. Beim
anschließenden Abendessen beschlossen wir, die uns angebotene Revanche
im Sommer in Ostvoorne anzunehmen, uns aber ungeachtet dessen hier noch einmal
im Mai zusammen zufinden. Ich denke auch für unsere Gäste sprechen
zu können wenn ich annehme, dass das “Niederländisch-Deutsch-Amerikanische
Grayling Match“ in unserem Winterkalender ein fester Termin werden wird.